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Torfabbau

Noch bis Ende des 20. Jahrhunderts wurde wenig über die Auswirkungen der Moornutzung auf das Klima insgesamt und die der Torfgewinnung und -verwendung im Besonderen gesprochen. In den letzten 10 Jahren ist die klimatische Relevanz von Mooren zunehmend in den Fokus aller Anspruchsgruppen gerückt, ausgelöst durch die globale Klimadiskussion. Warum Moore verstärkt ins Blickfeld von Umweltschützern, Politikern, Torfwirtschaft, Substratindustrie und Gartenbau gerückt sind, ist mit der geschichtlichen Betrachtung der Nutzung von Mooren besser zu verstehen. Hierbei sind vor allem die Ansprüche des Menschen in den jeweiligen geschichtlichen Abschnitten und damit verbundene Zielsetzungen und Gesetze zu verstehen. Da etwa 90 % der deutschen Torfgewinnung im moorreichsten Bundesland Niedersachsen stattfinden, ist Niedersachsen der Schwerpunkt der nachstehenden Ausführungen.

Geschichtlicher Abriss über die Moornutzung in Deutschland mit Schwerpunkt Niedersachsen


Ein frühes Zeugnis der Verwendung von Torf ist der Bericht des römischen Schriftstellers Pliniusʼ des Älteren, der zwischen 47 und 57 in ‚Naturalis historia‘ über die Küstenbewohner Frieslands schrieb: „Indem sie den mit den Händen gefassten Schlamm mehr durch den Wind als durch die Sonne trocken werden lassen, kochen sie an der brennenden Erde ihre Speisen und erwärmen damit ihre vom Nordwind erstarrten Eingeweide.“ Von solchen ersten Nutzungen des Torfes bis zur heutigen Torfverwendung in Substraten ist nicht nur viel Zeit vergangen, auch der Stellenwert der Moore hat sich völlig gewandelt: von Ödländereien, die man mied, nur über Bohlenwege überquerte und später urbar gemacht hat, zu Landschaften, denen man heute eine hohe Ökosystemqualität zuschreibt.

Siedlungsraum, landwirtschaftliche Nutzfläche, Brenntorf


Lange vor den Hochmooren wurden die Niedermoore in Nutzung genommen. Aufgrund ihrer Entstehung mit höheren Nährstoffgehalten und höheren pH-Werten eignen sie sich besser für die Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Beginn der Erschließung der norddeutschen Hochmoore setzte im 16. Jahrhundert ein. Sie wurde staatlich gelenkt. Nach dem Prinzip der holländischen Fehnkultur wurden systematisch Entwässerungskanäle durch das Moor gezogen und der stark zersetzte Torf wurde im Hausbrand benutzt. Mit Flussschlick düngte man den zuvor abgetragenen wenig zersetzten Torf und nutzte die Fläche als Kulturland.

1765 erließ Friedrich der Große das Urbarmachungsedikt. Dieses Gesetz hatte das Ziel, die damals als ‚Wüsteneyen‘ bezeichneten Moore für die Landwirtschaft und als Siedlungsraum urbar zu machen. Damit forcierte der Staat gezielt die Entwässerung der Moore. GÖTTLICH & KUNTZE(1) berichten anschaulich u. a. über drei wesentliche Moorkultivierungsverfahren in Nordwestdeutschland: die Moorbrandkultur, die Deutsche Hochmoorkultur und die Deutsche Sandmischkultur.

Neben dem Brenntorfstich von Hand war die (ebenfalls aus Holland kommende) Moorbrandkultur ein Verfahren, die Moore zu nutzen. Das Moor wurde oberflächlich entwässert und die abgetrocknete Oberfläche in Brand gesteckt, wodurch die wenigen im Torf gebundenen Nährstoffe freigesetzt wurden. Darin wurde vorwiegend Buchweizen ausgesät. Die Ertragsleistung aus so genutzten Mooren war dennoch gering, vor allem weil nach einer 5- bis 7-jährigen Nutzung eine 25- bis 30-jährige Brache folgen musste.

Es folgten neue Kultivierungsverfahren wie die Deutsche Hochmoorkultur: Das Moor wurde entwässert, die Torfmoosvegetation beseitigt, die obersten ca. 20 cm durch Kalken im pH-Wert angehoben und Mineraldünger zugeführt. So konnten diese Moorflächen als Grünland oder Ackerflächen genutzt werden. 30.000 ha Moorfläche wurden so in landwirtschaftliche Nutzung genommen.

Ein weiteres Moorerschließungsverfahren war die Deutsche Sandmischkultur. Mit sogenannten Mammutpflügen konnten Moormächtigkeiten von 1,4 m mit der darunter befindlichen Ortsteinschicht in eine für die Dränage günstige Schräglage gebracht werden. Die Fläche wurde planiert, gekalkt und gedüngt und so für die Acker- und Grünlandnutzung hergerichtet. 150.000 ha Moorfläche, zum Teil nach Abtorfung, wurden so urbar gemacht.

Noch 1950 war die nordwestdeutsche Region eines der ausgeprägtesten Rückstandsgebiete in Europa. Mit der Zielsetzung, diese Region mit ihren vielen Moorgebieten zu erschließen und den Lebensstandard dem der übrigen Bundesrepublik anzugleichen, beschloss die damalige Bundesregierung 1950 den Emslandplan; dabei standen die Moorgebiete im Vordergrund(2) . Derselbe Autor führt aus, dass 2,1 Mrd. DM über den Emslandplan vor allem in die Moorentwässerung und -erschließung und in die Infrastruktur geflossen sind. So wurde z. B. das Bourtanger Moor (Gesamtfläche ca. 50.000 ha) fast gänzlich entwässert und als Grünland und Ackerland (insbesondere für Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten) erschlossen. Nennenswert ist, dass zu dieser Zeit (1953) das Bundesverdienstkreuz an Georg Klasmann für seine vorbildlichen Leistungen bei der Moorentwässerung und dem Torfabbau verliehen wurde(3) . Eine in der heutigen Zeit nicht denkbare Auszeichnung.

Somit ist der heutige degenerierte Zustand fast all unserer Moore mit früherer Gesetzgebung zu Gunsten der Land- und Forstwirtschaft und der Schaffung von Siedlungsraum zu begründen.

Als Folge der politisch gewollten Moorentwässerung gibt es in Deutschland die unterschiedlichsten Moornutzungsformen bzw. Moorstadien(4) :

  • Acker
  • Grünland hoher und mittlerer Intensität
  • trockenes Extensivgrünland
  • nasses Extensivgrünland
  • trockene Hochmoorheide
  • naturnahe und renaturierte Moore
  • überstaute, renaturierte Standorte
  • aktiver Torfabbau
  • Waldmoore
  • Flächen mit Sanddeck- und Sandmischkulturen
  • Anmoore [Böden mit 15 bis 30 % (m/m) org. Substanz]


Eine zahlenmäßige Erfassung der Moornutzungsformen hat HÖPER aufgestellt und dabei eine vereinfachte Einteilung der Nutzungsformen gewählt (Tabelle 69).

Tabelle 69: Hoch- und Niedermoornutzungsformen in DeutschlandVergrößerte Darstellung von: Tabelle 69: Hoch- und Niedermoornutzungsformen in Deutschland
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Torfabbau heute


Die in Tabelle 69 und davor gemachten Angaben machen deutlich, dass Torfabbau in Deutschland den geringsten Hochmoorflächenanspruch hat. (Auf Niedermoorflächen wird kein Torf abgebaut.) Auf 3,7 % der gesamten Hochmoorfläche erfolgt Torfabbau. Bezogen auf die Gesamtmoorfläche von 13.644,5 km² (Hoch- und Niedermoor) sind das 0,9 %. Diese Zahlen sind etwas veraltet (2007) und die Torfabbauflächen sind rückläufig.

Konnte die deutsche Torfwirtschaft noch bis etwa 1991 den Torfbedarf der deutschen Substratwirtschaft fast ausschließlich aus eigenen Torflagerstätten decken (mit geringen Mengen aus Russland und anderen Ländern), so ist die seither zunehmende Abhängigkeit insbesondere von baltischen Weißtorf-Importen eindeutig(6) (7) . Daten für die inländische Torfproduktion und Torfimporte belegen die Entwicklung.

Abbildung 53: Herkunft und Menge (Mio. m³) des in Deutschland verarbeiteten TorfesVergrößerte Darstellung von: Abbildung 53: Herkunft und Menge (Mio. m³) des in Deutschland verarbeiteten Torfes
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Torfabbau ist gesetzlich streng geregelt


Nicht nur die Torfgewinnung in Deutschland hat eine lange Entwicklung vorzuweisen. Auch die Gesetze, die den Abbau regelten beziehungsweise heute regeln, haben den jeweiligen zeitlichen Rahmenbedingungen entsprechende Inhalte aufzuweisen.

Gesetze in Deutschland/Niedersachsen

Für Torfabbau genutzte Flächen wurden bis in die 1970er Jahre vor allem in eine landwirtschaftliche Folgenutzung überführt. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein kam infolge des Umweltschutzgedankens die Wiedervernässung von ehemaligen Torfabbauflächen als Möglichkeit der Folgenutzung auf(9) . So wurde in das Niedersächsische Moorschutzprogramm, Teil I, die Wiedervernässung als vorrangige Folgenutzung nach Torfabbau und der Verbleib einer Resttorfmächtigkeit (50 cm) aufgenommen. Damit sollen betroffene Flächen in das Wirkungsgefüge der Landschaft zurückgeführt werden. Im Niedersächsischen Moorschutzprogramm, Teil II (1986 und 1994), wurden weitere Moorflächen aufgenommen und ihre Bedeutung für den Naturschutz bewertet.

Abbildung 54: Nach Torfabbau wiedervernässte Moorfläche mit beginnendem Torfmooswachs-tum (© Klasmann-Deilmann GmbH)Vergrößerte Darstellung von: Abbildung 54: Nach Torfabbau wiedervernässte Moorfläche mit beginnendem Torfmooswachs-tum (© Klasmann-Deilmann GmbH)


Auf der Basis der Moorschutzprogramme wurde für Niedersachsen der „Leitfaden zur Zulassung des Abbaus von Bodenschätzen unter besonderer Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Anforderungen“ erarbeitet(10) . Darin sind die Rahmenbedingungen für die Herrichtung nach Torfabbau festgelegt. Die „Arbeitshilfe zur Anwendung der Eingriffsregelung bei Bodenabbauvorhaben“ gibt weitere Erläuterungen zum oben genannten Leitfaden. Demnach ist beim Abbau von Torf (und anderen Bodenschätzen wie Kies, Sand, Ton und Festgestein) die Eingriffsregelung des Niedersächsischen Naturschutzrechts zu beachten. Das bedeutet, dass

  • Kartierungen und Bewertungen über Zustand und Wert des vom Abbau betroffenen Gebiets durchzuführen sind,
  • mögliche Beeinträchtigungen der Natur durch den Abbau beurteilt und so weit wie möglich vermieden werden,
  • die Ausgleichbarkeit erheblicher Beeinträchtigungen bewertet wird und
  • bei zulässigen Eingriffen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgenommen werden.


Richtlinien der EU mit Bezug zum Torfabbau

Eine Reihe von EU-Regelwerken mit Gültigkeit für alle EU-Mitgliedsstaaten sind beim Abbau von Torf zu beachten und nachfolgend aufgeführt.

  • Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) – Richtlinie des Rates 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 über die Beurteilung der Auswirkungen bestimmter öffentlicher und privater Projekte auf die Umwelt, geändert durch die Richtlinie des Rates 97/11/EG vom 3. März 1997 (gleicher Titel).
    Die UVP-Richtlinie soll sicherstellen, dass die nationale Behörde, die die Entscheidung trifft, ob eine Maßnahme (Torfabbau) genehmigt wird, im Vorfeld über ein Höchstmaß an Informationen über die Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt verfügt.
  • Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) – Richtlinie des Rates 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie des Bestandes der wildlebenden Tiere und Pflanzen, die in der Richtlinie aufgelistet sind.
    Die Richtlinie über Lebensräume bezieht sich auf die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, Gebiete zu identifizieren und zu melden, um sie in ein europäisches Netz von besonderen Schutzgebieten (Special Areas of Conservation), bekannt als Natura 2000, aufzunehmen. Es ist das Ziel, die natürlichen Lebensräume und den Bestand an wildlebenden Tieren und Pflanzen in den EU-Mitgliedsstaaten zu erhalten oder wiederherzustellen. Einige unberührte Moore sowie einige nach dem Torfabbau regenerierte Moore sind als besondere Schutzgebiete geschützt.
  • Vogelschutz-Richtlinie – Richtlinie des Rates 79/409/EWG vom 2. April 1979 über die Erhaltung von wildlebenden Vogelarten. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ein Schutzsystem für alle Arten von natürlich vorkommenden wildlebenden Vogelarten in der EU zu etablieren.
    Einige unberührte Moore sowie einige nach dem Torfabbau regenerierte Moore sind als besondere Schutzgebiete für Vögel geschützt.
  • Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU) – Richtlinie des Rates 96/61/EG vom 24. September 1996 und Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung.
    Die IVU-Richtlinie bezweckt die integrierte Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung, die infolge bestimmter Tätigkeiten entsteht. Obwohl die Torfindustrie nicht zu den in der Richtlinie genannten Industriezweigen gehört, kann Torfabbau in den nationalen Rechtsvorschriften über die Umsetzung dieser Richtlinie aufgeführt sein.
  • Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) – Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. Die Wasserrahmenrichtlinie bezweckt, die aquatische Umwelt in der Gemeinschaft zu erhalten und zu verbessern, z. B. durch Erstellen von Bewirtschaftungsplänen für Flussgebietseinheiten.


Die oben in Kürze vorgestellten niedersächsischen und europäischen Regelwerke sind umfangreich und bedingen, dass Torfabbaugenehmigungen viele Jahre Vorlaufzeit beanspruchen. Sie decken die Belange des Moor- und Naturschutzes vollständig ab und stellen diese sicher. Aspekte des in den Fokus gerückten Klimaschutzes werden in diesen Regelwerken wenig berücksichtigt.

Moor und Torf in Europa und weltweit

Die Landfläche der Erde ist zu etwa 3 % mit Mooren (alle Moortypen) bedeckt, das sind etwas mehr als 4 Mio. km²(11) (12) . Alle Moortypen sind in dieser Gesamtmoorfläche erfasst. Der weitaus größte Teil (86 %) dieser Fläche wird nicht vom Menschen genutzt; 14 % werden anthropogen genutzt, vorwiegend land- und forstwirtschaftlich. Der weltweite Torfabbau für energetische, gartenbauliche und sonstige Zwecke findet auf ca. 0,1 % der weltweiten Gesamtmoorfläche statt (Abbildung 55). Für gartenbaulich genutzten Torf sind es 0,05 % der Gesamtmoorfläche weltweit (≈ 2.000 km²).

Abbildung 55: Weltweite MoornutzungVergrößerte Darstellung von: Abbildung 55: Weltweite Moornutzung
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Die wahrscheinlich letzte Erhebung der in Europa vorkommenden Moore wurde von LAPPALAINEN & ZUREK(13) publiziert. Die Autoren geben für die heutige EU mit 28 Mitgliedsstaaten (ermittelt aus Angaben der Veröffentlichung) eine Gesamtmoorfläche aller Moortypen von etwa 282.000 km² an. Wie in Deutschland werden Moore in anderen europäischen Ländern vor allem land- und forstwirtschaftlich genutzt. Die Torfgewinnung für energetische Zwecke macht nach ALTMANN(14) etwa die Hälfte der gesamten Torfgewinnung aus, demnach mehr als Torf für gartenbauliche Zwecke (ca. 42 %).
In einer Erhebung für das Jahr 2013 ermittelte SCHMILEWSKI(15) für 16 der wichtigsten substratproduzierenden Länder in der EU eine Torfmenge von fast 26 Mio. m³. Dabei ist Deutschland mit ca. 6,8 Mio. m³ Gartenbautorf (einschließlich mehrerer Mio. m³ importierten Torfes) das bedeutendste Torfnutzungsland in der EU. Insgesamt ist die Torfverwendung für die Substratproduktion seit der vorletzten Veröffentlichung dieser Art für das Jahr 2005 (SCHMILEWSKI 2009) um etwa 2 % zurückgegangen. Die Verwendung anderer Ausgangsstoffe in der EU hat leicht zugenommen.

Abbildung 56: Verwendung von Substratausgangsstoffen für die Produktion von Kultursubstraten und Blumenerden (gesamt = 34,6 Mio. m³) in der EU 16 in 2013Vergrößerte Darstellung von: Abbildung 56: Verwendung von Substratausgangsstoffen für die Produktion von Kultursubstraten und Blumenerden (gesamt = 34,6 Mio. m³) in der EU 16 in 2013
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Moornutzung und Klimaschutz


Lebende, torfakkumulierende Moore speichern fortlaufend Kohlenstoff, nachdem die darin lebenden Pflanzen oder Teile dieser Pflanzen abgestorben sind. Etwa 1,9 % der Moorflächen in Deutschland sind torfakkumulierende Moore und somit Kohlenstoff-Senken(5) . Somit können alle anderen Moorkörper zwar als C-Speicher bezeichnet werden, sie setzen aber fortlaufend Treibhausgase (THG) frei, vor allem CO2 (Kohlendioxid), CH4 (Methan) und N2O (Distickstoffmonoxid = Lachgas). Das THG-Potential dieser Gase ist aber unterschiedlich. Bezogen auf eine Tonne CO2 hat Methan den 21-fachen und Lachgas den 310-fachen Treibhausgaseffekt. Man spricht deshalb von CO2-Äquivalenten (abgekürzt CO2e oder CO2Äq) bei der Ermittlung von Treibhausgasbilanzen(16) . Trotz der höheren Klimawirksamkeit von CH4 und N2O ist die CO2-Freisetzung unter Klimaschutzaspekten das Hauptproblem bei der Moornutzung(5) (17) . Die freigesetzten THG-Mengen je Flächeneinheit sind von Wasserstand, Moortyp, Torfart, dem Moorzustand, der Moornutzung und der Nutzungsintensität (z. B. Düngung landwirtschaftlich genutzter Moorböden) abhängig.

Der weitaus größte Teil der Moorflächen in Deutschland wird als Acker- und Grünland genutzt. DRÖSLER et al.(4) betonen in ihrer Studie ‚Klimaschutz durch Moorschutz in der Praxis‘: „Die Nutzung von Moor als Acker und Intensivgrünland belastet das Klima am meisten.“ Die Autoren begründen dies mit dem Einfluss von Entwässerungsmaßnahmen und landwirtschaftlicher Nutzung, weshalb diese degradierten Moore große Mengen an CO2 und teilweise Lachgas durch Torfschwund (durch mikrobielle Zersetzung verursachte Oxidation und Torfmineralisation) emittieren. Der Torfschwund und die damit verbundenen THG-Emissionen werden durch heutigen Torfabbau ebenfalls freigesetzt, die freigesetzten Mengen sind jedoch im Vergleich zu den emittierten CO2-Äquivalenten aus der Landwirtschaft relativ gering.

Tabelle 70: THG-Emissionen aus Moorböden in DeutschlandVergrößerte Darstellung von: Tabelle 70: THG-Emissionen aus Moorböden in Deutschland
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Durch Torfabbau und vor allem landwirtschaftliche Nutzung wird Torf seinen konservierenden Bedingungen (vor allem Wasserüberschuss) entzogen. HÖPER(5) geht davon aus, dass der in Substraten eingesetzte Torf innerhalb von 10 Jahren weitgehend abgebaut ist und errechnet: Auf 2 % der Gesamtmoorfläche in Deutschland wird Torf abgebaut. Der auf dieser Fläche gewonnene Torf und der importierte Torf für die Substratherstellung (Torfverwendung dafür insgesamt etwa 8 Mio. m³) emittieren ca. 1,9 Mio. t CO2-Äq. beziehungsweise 0,18 % aller in Deutschland verursachten THG-Emissionen. Das wiederum entspricht etwa 7 % der aus Mooren und Torfen emittierten THG.
Substratproduzenten haben die Bedeutung ihrer unternehmerischen Tätigkeiten bezüglich Rohstoffgewinnung, -verarbeitung und Distribution ihrer Produkte für das Klima aufgegriffen und beginnen, eigene Klimabilanzen durchzuführen. Der Europäische Torf- und Substratverband (EPAGMA) hat eine entsprechende Ökobilanz-Studie erstellen lassen(16) . Ziel solcher Erhebungen ist die Erkennung eigener Klimaauswirkungen durch den Einsatz von Torf und anderen Ausgangsstoffen und die möglichst weitgehende Minderung von THG-Emissionen in allen Bereichen der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung, des Energieverbrauchs, des Transports, der Substrat-Endnutzung und der Folgenutzung von Torfgewinnungsflächen(18) und anderen Rohstoffgewinnungsflächen (z. B. für den Abbau mineralischer Rohstoffe für Substratausgangsstoffe). Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie hat die Substratwirtschaft längst erreicht(19) .


(1) GÖTTLICH, K. & KUNTZE, H. (1990): Moorkultivierung für Land- und Forstwirtschaft. In. Göttlich, K. (Hrsg.): Moor- und Torfkunde., S. 385-410. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller), Stuttgart.
(2) HAVERKAMP, C. (1991): Die Erschließung des Emslandes im 20. Jahrhundert als Beispiel staatlicher Wirtschaftsförderung. Reihe Emsland/Bentheim, Beiträge zur Geschichte, Band 7, Emsländische Landschaft, Sögel, 349 S.
(3) KLASMANN WERKE GMBH (1983): 75 Jahre Klasmann Werke ̶ Der Pionier. Gestern. Heute. Morgen. Geeste-Groß Hesepe, 104 S.
(4) DRÖSLER, M., FREIBAUER, A., ADELMANN, W., AUGUSTIN, J., BERGMANN, L., BEYER, C., CHOJNICKI, B., FÖRSTER, C., GIEBELS, M., GÖRLITZ, S., HÖPER, H., KANTELHARDT, J., LIEDERSBACH, H., HAHN-SCHÖFL, M., MINKE, M., PETSCHOW, U., PFADENHAUER, J., SCHALLER, L., SCHÄGNER, P., SOMMER, M., THUILLE, A. & WEHRHAN, M. (2011): Klimaschutz durch Moorschutz in der Praxis. Ergebnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Klimaschutz ̶ Moornutzungsstrategien“ 2006-2010. Arbeitsberichte aus dem vTI-Institut für Agrarrelevante Klimaforschung, 042011, Braunschweig.
(5) HÖPER, H. (2007): Freisetzung von Treibhausgasen aus deutschen Mooren. Telma 37: 85-116; Hannover.
(6) DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (1999): Die wirtschaftliche Bedeutung von Kultursubstraten auf Torfbasis für die pflanzliche Produktion – insbesondere im Erwerbsgar-tenbau; Gutachten im Auftrag des Bundesverbandes Torf- und Humuswirtschaft e. V., Berlin.
(7) SCHMILEWSKI, G. & FALKENBERG, H. (2000): Production and processing of peat-based growing media – a precondition for sustainable horticulture in Europe. In: Rochefort, L. & Daigle, J.-Y. (Hrsg.): Proc. 11th Int. Peat Congress ‚Sustaining our peatlands‘, Quebec City, August 6-12, 2000; 533-541. Canadian Soc. for Peat and Peatlands, Shippagan and Int. Peat Soc, Jyväskylä.
(8) Industrieverband Garten (IVG) e.V., 2016
(9) EIGNER, J. & SCHMATZLER, E. (1980): Bedeutung, Schutz und Regeneration von Hoch-mooren. Naturschutz aktuell, Nr. 4, 78 S., Greven.
(10) NMU NIEDERSÄCHSISCHES UMWELTMINISTERIUM UND NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKOLOGIE (2003): Arbeitshilfe zur Anwendung der Eingriffsregelung bei Bodenabbau-vorhaben. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen, Heft 4/03, 36 S.
(11) LAPPALAINEN, E. (1996): General review on world peatland and peat resources. In: Lappalainen, E. (Hrsg.): Global peat resources; 53-56. International Peat Society, Jyskä.
(12) IPS INTERNATIONAL PEAT SOCIETY (2010): Strategy for responsible peatland management. Hrsg.: Clarke, D. & Rieley, J., 39 S; Jyväskylä.
(13) LAPPALAINEN, E. & ZUREK, S.(1996): Peat in other European countries. In: Lappalainen, E. (Hrsg.): Global peat resources; 153-162. International Peat Society, Jyskä.
(14) ALTMANN, M. (2008): Socio-economic impact of the peat and growing media industry on horticulture in the EU. [http://coconcept.lu/fileadmin/Downloads/Socio_Economic_Study1.pdf, 134 S., abgerufen am 26.04.2015.]
(15) SCHMILEWSKI, G. (2015): Growing media constituents used in the EU in 2013. Manuskript eingereicht zur Veröffentlichung in Acta Horticulturae (ISHS).
(16) QUANTIS (2012): Comparative life cycle assessment of horticultural growing media based on peat and other growing media constituents. [http://www.epagma.eu/default/home/news-publications/news/Files/MainBloc/EPAGMA_Growing-media-LCA_Final-report _2012-01-17_Quantis.pdf, abgerufen am 12.06.2015.]
(17) DGMT DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR MOOR- UND TORFKUNDE E. V. (2009): Was haben Moore mit dem Klimawandel zu tun? Faltblatt. Hannover.
(18) KLASMANN-DEILMANN GMBH (2015): Nachhaltigkeitsbericht 2014 – Vorausschauend den-ken, verantwortlich handeln. [www.klasmann-deilmann.com/nachhaltigkeit, abgerufen am 01.10.2015.]
(19) RÖSE, D. (2015): Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie für die Torf- und Substratbranche. Telma 45: 133-148; Hannover.