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Mikrobiologische Gefahrenquellen

Bakterien, Aktinomyceten und Schimmelpilze kommen in organischen Substraten und Ausgangsstoffen immer vor. Sie sind Begleitorganismen und stellen fast nie Probleme dar. Auf die allgegenwärtigen saprophytischen Pilze wird an anderer Stelle eingegangen. Anlass zur Sorge geben Humanpathogene.

Humanpathogene


Humanpathogene Bakterien, Pilze, andere Organismen und Viren können beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Fälle von Erkrankungen in Zusammenhang mit aus Kultursubstraten oder Blumenerden isolierten Erregern sind extrem selten. Treten sie auf, sind meistens rezyklierte Substratausgangsstoffe wie Kompost beteiligt, die nicht ordnungsmäßig hygienisiert wurden. Grundsätzlich lassen sich Humanpathogene in keinem Ausgangsstoff absolut ausschließen – mit Ausnahme thermisch behandelter Rohstoffe wie Perlit, Vermiculit, Mineralien zur Herstellung von Mineralwolle, Ton zur Herstellung von Blähton oder granuliertem Ton. Gemäß Düngemittelverordnung(1) dürfen in Kultursubstraten und Blumenerden keine Krankheitserreger, Toxine oder Schaderreger enthalten sein, von denen Gefahren für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Nutzpflanzen ausgehen.

Nachfolgend aufgeführte Humanpathogene werden in erster Linie mit organischen und organisch-mineralischen Substratausgangsstoffen in Verbindung gebracht und unterliegen meistens nationalen Regelwerken, die Grenzwerte für die einzelnen Krankheitserreger beinhalten. Zumindest die Grenzwerte für Salmonellen und Escherichia coli (E. coli) sollen im Rahmen der zurzeit auf europäischer Ebene laufenden Harmonisierungsanstrengungen zur Vereinheitlichung nationaler Regelwerke vereinheitlicht werden.

Escherichia coli


Benannt nach seinem Entdecker T. Escherich, kommt das Bakterium Escherichia coli (lat. colum = Dickdarm) mit seinen vielen Stämmen (Typen) im Darm von Menschen und warmblütigen Tieren als dem natürlichen Lebensraum vor und ist Teil der normalen Darmflora(2) .

Es gibt viele E. coli-Stämme, von denen die meisten nicht krankheitsauslösend sind. Allerdings existieren auch humanpathogene Stämme. Bestimmte E. coli-Stämme sind die häufigsten Erreger bakterieller Krankheiten beim Menschen, wie z. B. Entzündungen, Harnwegserkrankungen und Durchfall. In Extremfällen können E. coli-Erkrankungen zum Tod führen. Enterohämorrhagische E. coli (EHEC) sind die Ursache einer hämorrhagischen Kolitis (schwere Darmentzündung) und des hämolytischen Urämiesyndroms (HUS), der Erkrankung der kleinen Blutgefäße(3) . E. coli O157:H7 ist der am häufigsten für das HUS verantwortliche Stamm.

E. coli lässt sich auch in Trink- und Badewasser sowie im Boden nachweisen und wird generell als Fäkalverunreinigung klassifiziert. Daher gilt E. coli ̶ ohne stammspezifische Klassifizierung ̶ als Leitkeim für fäkale Verunreinigungen von Wasser und Lebensmitteln. E. coli ist auch Leitorganismus zur Prüfung des Hygienisierungsprozesses von Komposten.

Nur pathogene E. coli-Stämme stellen ein ernsthaftes Risiko in Substraten dar. Diese kommen in Substraten extrem selten vor. Nicht pathogene Stämme hingegen sind in Substraten häufig und in ganz unterschiedlichen Konzentrationen zu detektieren. Einen Grenzwert im deutschen Düngerecht für E. coli in Substraten und Ausgangsstoffen gibt es nicht. Manche Länder haben Grenzwerte für Kolibakterien festgelegt, wobei fast nie ein Unterschied zwischen pathogenen und nicht pathogenen Stämmen gemacht wird. Dies bereitet Substratherstellern manchmal Probleme, da Grenzwerte, die für die Summe der vorkommenden E. coli-Stämme gelten, nicht eingehalten werden können. Der häufigste Grenzwert in EU-Ländern, die einen Wert festgelegt haben, beträgt < 1000 KBE/g (KBE = koloniebildende Einheiten), wobei sich die Untersuchungsmethoden durchaus unterscheiden können. Nur Österreich hat gemäß der österreichischen Düngemittelverordnung einen Grenzwert für den E. coli-Stamm O157:H7 festgelegt: keine in 50 g Probenmaterial.

Salmonellen


Salmonella spp. werden über die Verunreinigung von Boden, Pflanzen oder Wasser mit Exkrementen verbreitet und können in seltenen Fällen auf diesem Wege Substrate verunreinigen. Salmonellen führen zu Darmerkrankungen von Mensch und Tier. In den deutschen und österreichischen Bioabfallverordnungen sind Salmonella spp. Leitpathogene, für die es Grenzwerte gibt.

Legionellen


Die Legionärskrankheit und das Pontiac-Fieber (beides Legionellosen) werden durch Bakterien der Gattung Legionella hervorgerufen. Häufigster Erreger ist L. pneumophila. L. longbeachae verursacht vor allem bei immungeschwächten Menschen Infektionen. Beide Arten können eingeatmet werden. Der Nachweis von Legionella spp. in Kultursubstraten und Blumenerden ist zwar sehr selten, die Diskussion darüber hat aber in den letzten Jahren zugenommen. HEALTH PROTECTION SCOTLAND(4) berichtet über den Nachweis von L. longbeachae in Kultursubstraten/Blumenerden in Australien, Neuseeland, Japan, Thailand, in den Niederlanden, im Vereinigten Königreich, in der Schweiz, in den USA und in Polen. WERLTE (2012) berichtet von vereinzelten Infektionsfällen durch Blumenerde in Österreich, Frankreich, in den Niederlanden und in Schweden im Zeitraum 2006 bis 2009. Die Zusammensetzung der Mischungen war zwar unterschiedlich, jedoch die Anzahl der Nachweise war dort am höchsten, wo hohe Anteile an kompostiertem Material verwendet wurden. Die geringsten Nachweise gab es in Ländern, wo Torf die Hauptkomponente des Produkts war. Die Gattung Legionella kommt in der natürlichen Umwelt vor und kann daher auch in Bioabfall (Ausgangsmaterial vieler Komposte) vorkommen. Der kontrollierte Hygienisierungsprozess während der Kompostierung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausreichend, um Legionellen abzutöten. Das Tragen von Handschuhen und Händewaschen nach dem Arbeiten mit komposthaltigen Produkten wird empfohlen.

Aspergillus fumigatus


Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus ist als Saprophyt in der Natur allgegenwärtig und als Risikopilz in der Kompostwirtschaft und substratherstellenden Industrie bekannt. Er ist grundsätzlich kein humanpathogener Pilz. Jedoch ist A. fumigatus ein Mykotoxinbildner und Allergen bei sensibilisierten Personen sowie ein potentielles Humanpathogen(5) . Selten ist von Fällen berichtet worden, in denen A. fumigatus zu Atemwegs- und Hauterkrankungen bei immungeschwächten Menschen geführt hat, deren Ursache erhöhte Sporenkonzentrationen in Substraten waren. Daher ist aber seit den 1990er Jahren das Aufstellen von Topfpflanzen in Krankenhäusern untersagt.

Weitere Humanpathogene


Verschiedene Autoren berichten über Erreger, die aus Kultursubstraten, Blumenerden, Komposten und anderem rezykliertem Material isoliert worden sind. Hierzu zählen Scedosporium apiospermum, S. prolificans (Schleimpilze, die das Zentralnervensystem und das Atmungssystems infizieren können), Sporothrix schenckii (Erreger der Sporotrichose) und Clostridium tetani (Erreger von Tetanus). Auf diese Humanpathogene wird hier nicht weiter eingegangen.


(1) BMELV BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (2012): Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Düngemittelverordnung – DüMV) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2482).
(2) PIECHOCKI, R. (1989): Das berühmteste Bakterium. 100 Jahre Escherichia coli-Forschung. Urania-Verlag, Köln.
(3) KAYSER, F. H., BÖTTGER, E.C., ZINKERNAGEL, R. M., HALLER, O., ECKERT, J. & DEPLAZES, P. (2010): Taschenlehrbuch Medizinische Mikrobiologie. 12. Auflage; 774 S. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
(4) HEALTH PROTECTION SCOTLAND (2013): Increased incidence of Legionnaires’ disease caused by Legionella longbeachae in Scotland. Report from a national incident ma-nagement team.
(5) SCHLECHTE, G. B. & SCHMILEWSKI, G. K. (2010): Saprophytische Pilze in Kultursubstraten. Ringordner mit Lieferung 1. Erschienen im Selbstverlag.