Mechanische Eigenschaften
Fließeigenschaften
Unter Fließen versteht man den kontinuierlichen Transport der Masse Substrat innerhalb einer Zeiteinheit am Einsatzort, z. B. an Füllmaschinen. Dieser Fließtransport tritt ein, sobald die treibende Kraft, in der Regel die Schwerkraft, die Haftreibung zwischen den Substratteilchen bzw. zwischen diesen und ihrer Unterlage übersteigt. Die Fließfähigkeit von Substraten ist vor allem bei ihrer Handhabung und maschinellen Verwendung von Bedeutung. So muss ein Aussaatsubstrat leicht beim Befüllen kleinster Einheiten von Multizellenplatten rieseln können oder ein Topfsubstrat ohne Störung alle Vorgänge in einer Topfmaschinenanlage durchlaufen können.
Mit Ausnahme von vorgefertigten Kultursubstraten wie Mineralwolle-Matten oder vorgefertigten Plugs sind Kultursubstrate und Blumenerden sowie Substratzusätze Schüttgüter. Im Gegensatz zu Flüssigkeiten wird die Fließeigenschaft eines Substrats nicht allein durch die stoffliche Zusammensetzung bestimmt. Nach SCHULZE(1) wird mit dem Begriff ‚gute Fließfähigkeit‘ ausgedrückt, dass ein Schüttgut leicht zum Fließen zu bringen ist. Im Gegensatz dazu bedeutet ‚schlechte Fließfähigkeit‘, dass ein Schüttgut schwer zum Fließen zu bringen ist, was auch durch die Verdichtung des Substrats beim Verpacken in Ballen, Großballen und anderen Gebindeformen oder nach langer Lagerung eintreten kann. Daher muss bei der Bestimmung der Menge nach DIN EN 12580 verdichtetes Material aufgelockert werden, bevor die Schüttdichte ermittelt wird. Bei gut fließenden, trockenen Substraten mit harten Partikeln (z. B. Blähperlit) wird die Schüttdichte kaum zunehmen. Die weniger guten Fließeigenschaften mancher Materialien (z. B. Rinde) sind der Grund, warum das Messgefäß gemäß DIN EN 12580 zylindrisch und nicht kubisch ist, da grobe Stoffe zu Brückenbildung in eckigen Gefäßen neigen. Abgeleitet von Angaben nach SCHULZE(1) hängen die Fließeigenschaften von Substraten ab von:
- Partikelgrößenverteilung
- Partikelform (z. B. fest, nachgebend, rund, länglich, glatt oder raue Oberfläche)
- Zusammensetzung der Partikel (Anteile der verschiedenen Ausgangsstoffe im Substrat)
- Substratfeuchtigkeit
- Substrattemperatur
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Bindigkeit
In manchen Einsatzbereichen müssen Substrate eine eigene Bindigkeit aufweisen, damit ihre Formstabilität gewährleistet ist. So müssen Presstopfsubstrate für die Jungpflanzenanzucht vieler Gemüse- (z. B. Kohl- und Salatarten) und mancher Zierpflanzenarten (z. B. Viola spp.) plastisch und formbar sein, um daraus Presstöpfe herzustellen. Zum Zeitpunkt der Auspflanzung lässt der Kultivateur die Presstöpfe antrocknen, damit sie nicht auseinanderbrechen. Das Pressstopfsubstrat muss dabei eine feine Struktur haben, um die Formgebung der Presslinge (z. B. 3 cm x 3 cm x 3 cm) zu ermöglichen. Stabilität wird durch die Bindigkeit des Substrats erreicht. Daher wird seit der Entwicklung von Presstöpfen in den 1970er Jahren mit stark zersetztem Hochmoortorf als Hauptkomponente von Presstopfsubstraten gearbeitet(4) . Meistens wird hierbei dem gut durchfrorenen Schwarztorf eine gewisse Menge an weniger gut durchfrorenem, eher klebrigem/plastischem Schwarztorf beigemischt. DULTZ et al.(5) haben gezeigt, dass auch mit der Beimischung von feinst vermahlenen Tonen die notwendige Plastizität und Stabilität eingestellt werden kann. Dabei ist auf die Tonart, die Feinheit des Tons und die zugegebene Tonmenge zu achten. Durch Druckmessungen an Presstöpfen kann die Stabilität der Presstöpfe geprüft werden.
Neben der notwendigen Fließfähigkeit von fein fraktionierten Aussaatsubstraten für die Befüllung von Multizellenplatten müssen auch diese Aussaatsubstrate über eine ausreichende Bindigkeit verfügen, wenn nicht die Wurzeln selbst für die Stabilität und den Zusammenhalt des Wurzelballens sorgen. Dies kann insbesondere bei weniger guten Wachstumsbedingungen, etwa in den Wintermonaten der Fall sein. So ist das Umsetzen von Jungpflanzen mit Pikierrobotern ohne nennenswerte Ausfälle nur möglich, wenn das Auseinanderfallen der Wurzelballen verhindert oder deutlich vermindert wird. Auch hier hat sich der Zusatz von Tonen und anderen als Bindemittel dienenden Substanzen wie Stärke, Cellulose oder Polyacrylaten als hilfreich erwiesen(6) .
(1) SCHULZE, D. (2014): Pulver und Schüttgüter – Fließeigenschaften und Handhabung. 3. Auflage. Springer Vieweg Verlag, Berlin/Heidelberg.
(2) SCHULZE, D. (2009): Pulver und Schüttgüter. 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York.
(3) SCHMILEWSKI, unveröffentlicht
(4) FIKUART, W. (1979): Zur Bedeutung des Schawrztorfes als Basisrohstoff – Neue Aspekte zur Gewinnung, Verarbeitung und Verwertung. Neues Archiv für Niedersachsen: 28, Heft 3, S. 390-400, Göttingen.
(5) DULTZ, S., SCHELLHORN, M., WALSCH, J., BELOW, M., SCHMILEWSKI, G., SCHENK, M., BINNER, I., SCHMIDT, E., MEYER, M. & FRANKE, R. (2012): Control mechanisms of clays and their specific surface area in growing media – assessment of clay properties and their parametrization for the optimization of plant quality. Final report to project number 03G0722A funded by the Bundesministerium für Bildung und Forschung in the frame of the special program ‚Mineral surfaces – from atomic processes to industrial application‘ of the R&D program ‚Geotechnologien‘.
(6) SCHMILEWSKI, G. (2003): Fine-tuning growing media with additives – An introductory overview. Proc. Int. Peat Conference, Amsterdam, 4. Nov. 2003. Int. Peat Soc., Jyväskylä, Finland.