Rindenhumus

Gemäß RAL-GZ 250(1) ist Rindenhumus fermentierte, zerkleinerte und fraktionierte Rinde mit oder ohne Nährstoffzusätze. Rindenhumus wird als Substratausgangsstoff und Bodenverbesserungsmittel eingesetzt. Im Gegensatz dazu ist Rindenmulch nicht fermentierte, abgelagerte, zerkleinerte und fraktionierte Rinde ohne Zusätze. Rindenmulch dient nur als Mulchmaterial und ist als Ausgangsstoff für Substrate ungeeignet.

Herstellung von Rindenhumus


Nadelholzrinde ist die in der Regel verwendete Rohrinde für die Produktion von Rindenhumus. Die Gewöhnliche Fichte (Picea abies) und die Waldkiefer (Pinus sylvestris) stellen in Deutschland den größten Anteil dieser Rohrinde. Wurde Baumrinde noch bis Anfang der 1990er Jahre als Abfallprodukt der holzverarbeitenden Industrie bezeichnet, so ist Rinde heute ein wertvoller sekundärer Rohstoff, der sowohl (hauptsächlich) energetisch wie (nachrangig) stofflich verwertet wird. Das Schälrindenaufkommen in Deutschland beträgt einige Millionen Kubikmeter, wobei aufgrund des Preisdrucks nur ein geringer Teil stofflich zu Rindenhumus verarbeitet wird.

Laut RAL-GZ-250-Definition(1) ist Fermentierung ein Synonym für Kompostierung und bezeichnet mikrobiologisch-biochemische Verfahren, die a) zum Abbau wachstumshemmender Inhaltsstoffe und b) zur Stabilisierung der Stickstoffdynamik führen. ZÖTTL(2) macht dagegen einen Unterschied zwischen Fermentation und Kompostierung und begründet ihn damit, dass beim Rotteprozess der Rinde kein großer Masseschwund (wie bei der Kompostierung von Grüngut) vorkommt. Somit wären Fermentation und Kompostierung keine Synonyme. Wichtig ist, dass die zu Mieten aufgeschichtete Rinde ausreichend feucht gehalten und mehrmals umgesetzt wird, um optimale Bedingungen für die die organische Substanz zersetzenden Pilze, Bakterien, Actinomyceten und anderen Organismen zu haben. Zudem muss sichergestellt sein, dass ausreichend hohe Temperaturen für die Hygienisierung der Rinde erreicht werden.

Warum Rohrinde fermentiert (kompostiert) werden muss:

Wachstumshemmende Stoffe
Naturgegeben enthalten Rinden Harze, Gerbstoffe, Wachse, Tannine und Phenole, die den lebenden Baum vor Schaderregern schützen. Im Rindenmulch unterdrücken diese Stoffe das Auflaufen von Wildkräutern. Im Substrat können sie zu Wuchsdepressionen führen. Durch den Fermentationsprozess werden diese unerwünschten Stoffe mikrobiell ab- oder umgebaut und stellen dann kein Kulturrisiko mehr dar.

Stickstoff-Immobilisierung
ZÖTTL(2) nennt Stickstoff das Problemelement der Rinde, da diese extrem arm an pflanzenverfügbarem Stickstoff ist, dieser vollständig organisch gebunden ist und nur sehr schwer mikrobiell verfügbar ist. Auch ist der Stickstoff mikrobiell nur sehr schwer verfügbar, obwohl das C/N-Verhältnis der Rinde bei 60 bis 100 : 1 liegt. Daher erfolgt der Abbau nur langsam. Grundsätzlich hat Rinde aber eine latent hohe mikrobielle Aktivität. Beschleunigt werden kann der mikrobielle Ab- und Umbau der organischen Substanz durch Zugabe von Mineralstickstoffdünger (meistens 1 bis 2 kg/m³ in Form von Harnstoff) als Nahrungsquelle für Mikroorganismen. Erst wenn das C/N-Verhältnis auf < 45 sinkt, kann davon ausgegangen werden, dass nur noch wenig Stickstoff durch den Rindenhumusanteil im Substrat gebunden wird(2) . Von einer N-Stabilisierung wird ausgegangen, wenn gemäß VDLUFA-Methode ein Wert von ∆ N ≤ 120 vorliegt. Nicht N-stabilisierter Rindenhumus kann infolge von N-Mangel zu Wuchsdepressionen der Kulturpflanzen führen.

Eigenschaften von Rindenhumus


Durch die Fermentierung der Rohrinde werden nicht nur wachstumshemmende Toxine abgebaut und der N-Haushalt stabilisiert, es werden auch andere chemische sowie physikalische Eigenschaften verbessert.

Chemische Eigenschaften


Schon MEINKEN & SCHARPF(3) weisen auf die hohen Gehalte an verfügbarem Kalium in Baumrinden hin. So können manchmal Gehalte von 800 mg K2O/l (CAL) und mehr in Rindenhumus vorkommen. Bei der Substratherstellung ist auch der Gehalt an Stickstoff und Phosphat mit jeweils bis zu 400 mg/l (CAL) zu berücksichtigen. Die Nährstoff- und pH-Pufferung von Rindenhumus ist gut.

Die Spurennährstoffgehalte von Rindenhumus können sehr hoch sein. Insbesondere der Spurennährstoff Mangan, dessen Gehalt durchaus 250 mg/l und mehr betragen kann, ist zu beachten. So kann es nach MEINKEN & SCHARPF(4) zu induziertem Eisenmangel und entsprechenden Symptomen an Pflanzen durch erhöhte Manganaufnahme kommen, wenn der Rindenhumusanteil im Substrat zu hoch ist. Eine pH-Einstellung auf 6,0 (CaCl2) und die Vermeidung einer starken pH-Absenkung während der Kultur können der Mn-Aufnahme entgegenwirken.

Als Folge des Fermentierungsprozesses hat Rindenhumus gegenüber Rohrinde eine höhere Pufferungskapazität, was durch die Zunahme des Anteils an Huminstoffen bedingt ist. Auch die Zunahme der Dunkelfärbung von der Rohrinde zum Rindenhumus wird durch die Steigerung des Huminstoffgehaltes verursacht.

Güte- und Prüfbestimmungen für Rindenhumus als Substratausgangsstoff – Wertebereiche und Prüfmethoden gemäß RAL-GZ 250Vergrößerte Darstellung von: Güte- und Prüfbestimmungen für Rindenhumus als Substratausgangsstoff – Wertebereiche und Prüfmethoden gemäß RAL-GZ 250
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Physikalische Eigenschaften


Rindenhumus hat einen niedrigen Anteil Feinporen, der Anteil an Grob- und Mittelporen ist entsprechend höher. Seine Luftkapazität liegt je nach Dauer der Fermentierung und Fraktionierung meistens zwischen 20 und 35 % (v/v), die Wasserkapazität in der Regel zwischen 45 und 55 % (v/v). Die Luftkapazität ist umso höher, je gröber die Fraktion ist. Der Schrumpfungswert ist geringer als bei Torf, vergleichbar mit Kokosmark, aber höher als bei Pinienrinde oder Reisspelzen.

Verwendung


Die hohen Nährstoffgehalte von Rindenhumus schränken seine anteilige Verwendung in Substraten ein; zwangsläufig dient meistens Torf als Verdünnungskomponente. Als ‚Rindenkultursubstrate‘ bezeichnete Produkte müssen mindestens 50 % (v/v) Rindenhumus enthalten, wenn das Substrat aus zwei Ausgangsstoffen besteht. Wurde es aus mehr als zwei Ausgangsstoffen hergestellt, muss der Rindenhumusanteil mindestens ein Drittel sein, wobei Rindenhumus unter den Einzelausgangsstoffen den größten Anteil stellen muss(5) .
In Baumschulkulturen und salzverträglichen Zierpflanzenkulturen kann der Rindenhumusanteil 50 % (v/v) und mehr betragen. Je höher der Rindenhumusanteil im Substrat, desto kürzer sind die Gießintervalle zu setzen. Um einer möglichen N-Bindung entgegenzuwirken, sollte N-betont gedüngt werden. Je nach Topf-/Containergröße und Kulturdauer wird Rindenhumus in verschiedenen Partikelgrößenfraktionen (meist 0-10 mm oder 0-20(6) mm) eingesetzt.


(1) RAL DEUTSCHES INSTITUT FÜR GÜTESICHERUNG UND KENNZEICHNUNG E. V. (2015): Gütesicherung RAL-GZ 250 Substrate für Pflanzen. Saint Augustin.
(2) Zöttl, H. W. (1988): Bestimmung und Beseitigung der Stickstoffimmobilisierung in Rindenhumus. In: Rindenprodukte für den Gartenbau, S. 13-18., Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig.
(3) MEINKEN, E. & SCHARPF, H. C. (1988): Hohe verfügbare Kaliumgehalte in Rinden. In: Rindenprodukte für den Gartenbau, S. 13-18. Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig.
(4) MEINKEN, E. & SCHARPF, H. C. (1988): Gelegentlich Gefahr von Eisenmangel. In: Rindenprodukte für den Gartenbau, S. 23-29. Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig.
(5) RAL DEUTSCHES INSTITUT FÜR GÜTESICHERUNG UND KENNZEICHNUNG E. V. (2001): Gütesicherung RAL-GZ 250 Rinde für Pflanzenbau. Saint Augustin.
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