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Allgemeine Pflanzenverträglichkeit

Grundsätzlich muss ein Kultursubstrat/eine Blumenerde für den jeweiligen Bestimmungszweck geeignet sein. Alle positiven wie auch negativen chemischen, physikalischen und biologischen Substrateigenschaften bestimmen als Ganzes die Eignung des Substrats und damit seine allgemeine Pflanzenverträglichkeit. So besagt das Mitscherlich-Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs (Wirkungsgesetz der Wachstumsfaktoren), dass der Pflanzenertrag durch die Steigerung eines jeden Wachstumsfaktors (Produktionsfaktors) erhöht wird, und zwar proportional zu dem am Höchstertrag fehlenden Ertrag. Das heißt, bei gleichbleibender Zunahme eines Wachstumsfaktors (z. B. Stickstoff, besser geeigneter pH-Wert, günstigerer Luft- und Wasserhaushalt) verringert sich der Ertragszuwachs langsam. Die Ertragskurve strebt schließlich einem Höchstertrag zu und sinkt nach Überschreiten des Optimums eines Wachstumsfaktors oder mehrerer Wachstumsfaktoren wieder ab.

Bei der Prüfung auf Pflanzenverträglichkeit können bestimmte Schadstoffe wie Schwermetalle im Vordergrund stehen. Es wird bei der Prüfung der Pflanzenverträglichkeit aber generell festgestellt, ob eine Substratmischung geeignet ist oder nicht. Ändert sich der Einsatzbereich z. B. durch das Kultivieren anderer Pflanzenarten, andere Kulturverfahren, geänderte Klimabedingungen oder einen anderen Standort, muss angenommen werden, dass eine andere Substratrezeptur besser geeignet ist, um die Pflanzenverträglichkeit zu gewährleisten.

Der Substrathersteller stellt vor Auslieferung die Eignung des Substrats sicher, um Pflanzenschäden beim Gärtner oder Endverbraucher, Reklamationen, Eigenschaden und Imageverlust abzuwehren. Chemische und physikalische Analysen stehen dabei ebenso zur Verfügung wie auch Tests zur Prüfung auf Unkräuter. Auch gehören spezielle Behandlungen wie das Dämpfen einzelner Torfherkünfte oder die optimale Verrottung von Inputstoffen bei der Kompostierung zur Gewährleistung der Pflanzenverträglichkeit. Pflanzenversuche leisten einen wichtigen Beitrag zur praktischen Prüfung der Eignung von Substraten. Die Prüfung der allgemeinen Pflanzenverträglichkeit erfolgt in der Regel mit Keimpflanzentests, da die Keim- und Keimlingsstadien die empfindlichsten Phasen des Wachstums sind. Dafür stehen Standardmethoden zur Verfügung.

GOSSOW et al.(1) (2) betonen, dass es mithilfe spezifisch empfindlicher Testpflanzen möglich ist, bestimmte Schadfaktoren wie zu niedrigen und zu hohen pH-Wert, Spurennährstoffmangel und -überschuss, zu hohe Schwermetallgehalte und Kontamination mit Herbiziden in Substraten nachzuweisen. So erwiesen sich die Testpflanzen Chinakohl, Petunie, Tomate, Blumenkohl, Ziertabak und Tagetes aufgrund ihrer breiten Empfindlichkeit gegenüber ungünstigen pH-Werten und Mangel/Überschuss an Spurennährstoffen als am geeignetsten. Als Testpflanzen zur Substratprüfung auf Schwermetalle stellten sich Chinakohl und Petunie als sehr geeignet heraus. Herbizidrückstände lassen sich am besten mit Chinakohl, Herbstrübe und Kresse nachweisen(2) . Es gibt unter den Testpflanzen ‚Generalisten‘ und ‚Spezialisten‘. Chinakohl hat sich als die Art erwiesen, die bei den meisten Schadstofffaktoren durch eine sehr gute Empfindlichkeit aufgefallen ist. Aus diesem Grund ist Chinakohl als Standardtestpflanze in die entsprechende VDLUFA-Methodenvorschrift und später in die DIN EN 16086-1 aufgenommen worden.

Eignung von Testpflanzen zum Erkennen von Herbizidrückständen, Schwermetallen, Mangel und Überschuss an Nährstoffen sowie zu niedrigem und zu hohem pH-Wert (farbige Kästchen = Testpflanze zum Erkennen des jeweiligen Schadfaktors geeignet)Vergrößerte Darstellung von: Eignung von Testpflanzen zum Erkennen von Herbizidrückständen, Schwermetallen, Mangel und Überschuss an Nährstoffen sowie zu niedrigem und zu hohem pH-Wert (farbige Kästchen = Testpflanze zum Erkennen des jeweiligen Schadfaktors geeignet)
(1) (2)


Die DIN EN 16086-1(3) beschreibt eine Methode zur Bestimmung der Pflanzenverträglichkeit mit Chinakohl im Topf. Gemäß dieser Norm wird Pflanzenverträglichkeit definiert als: „Abweichung in der Pflanzenkeimung und/oder dem -wachstum, wenn die Aussaat und das Wachstum in einem Kultursubstrat, Bodenverbesserungsmittel oder in einem Ausgangsstoff davon oder in einem aus diesen Materialien erhaltenen Extrakt erfolgt.“ Dazu werden nach genauen Methodenvorgaben 20 Korn Chinakohl in einen mit Prüfsubstrat gefüllten 12-cm-Topf gesät (3 Wiederholungen) und die Keimrate während der Keimphase und das Frischgewicht nach ca. 3 Wochen ermittelt. Bei Verdacht auf Kontamination mit selektiv wirkenden Herbiziden gegen Einkeimblättrige muss zusätzlich Sommergerste zur Aussaat kommen. Kontrollsubstrat ist ein Substrat mit einem Torfanteil von 100 % (v/v). Grenzwerte für die Beurteilung der Pflanzenverträglichkeit wurden nicht festgelegt. Solche Festlegungen werden z. B. von Güteorganisationen bestimmt.

Bei den meisten Ausgangsstoffen kann die allgemeine Pflanzenverträglichkeit wie oben grob beschrieben durchgeführt werden. Bei grobkörnigen Materialien, die eine geringe Wasserkapazität haben und ohne Zumischung wasserhaltender Stoffe für sich oder miteinander gemischt als Substrate verwendet werden (z. B. Rinde, Blähperlit, Blähton, Bims), muss Substratextrakt aufgefangen werden, um damit die Testpflanzen zu gießen. Die genaue Vorgehensweise ist in der Norm nachzulesen.

Weiter heißt es in der DIN EN 16086-1: „Faktoren, die ein negatives Pflanzenwachstum bewirken, können durch Anwendung dieses Verfahrens weder identifiziert noch quantifiziert werden.“ Das bedeutet, dass im Keimpflanzentest von der Kontrolle negativ abweichendes Pflanzenwachstum nicht eindeutig auf Schadensursachen wie Schwermetalle, Herbizide, Selbsterhitzung, organische Schadstoffe, Nährstoffmangel oder -überschuss etc. hinweist. Der geübte Versuchsansteller kann aber mithilfe des Ergebnisses gezielt und differenziert nach konkreten Schadensursachen suchen.

Die DIN EN 16086-2(4) beschreibt eine Methode zur Bestimmung der Pflanzenverträglichkeit im Petrischalentest mit Kresse. Diese Methode ist zwar weniger zeit- und arbeitsaufwendig, aber nicht so aussagekräftig wie der Test mit Chinakohl. Von dieser Methode wird zur Prüfung der Pflanzenverträglichkeit in Deutschland deutlich weniger Gebrauch gemacht.

Gasförmige Schadstoffe können mit dem Kressetest im Einweckglas nachgewiesen werden. Aber auch hier gilt, dass Faktoren, die ein negatives Pflanzenwachstum bewirken, durch Anwendung dieser Untersuchung weder identifiziert noch quantifiziert werden können. Gemäß dieser Methode wird Kressesamen auf einen angefeuchteten Wattebausch aufgebracht und der Bausch im Luftraum über dem zu prüfenden Substratausgangsstoff oder Substrat mittels eines Fadens aufgehängt. Tägliche Bonituren geben Auskunft über mögliche gasförmige Schadstoffe im Substrat.

(1) GOSSOW, W., GRANTZAU, E. & SCHARPF, H.-C. (1995): Keimpflanzentest zur Substratprüfung (1). DeGa 26: 1568-1571.
(2) GOSSOW, W., GRANTZAU, E. & SCHARPF, H.-C. (1995): Keimpflanzentest zur Substratprüfung (2). DeGa 2: 1702-1706.
(3) DIN DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V. (2012): DIN EN 16086-1 Bodenverbesserungsmittel und Kultursubstrate – Bestimmung des Pflanzenverträglichkeit – Teil 1: Wachstumstest mit Chinakohl; Deutsche Fassung EN 16086-1:2011. Beuth Verlag GmbH, Berlin.
(4) DIN DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V. (2012): DIN EN 16086-2 Bodenverbesserungsmittel und Kultursubstrate – Bestimmung des Pflanzenverträglichkeit – Teil 2: Petrischalentest mit Kresse; Deutsche Fassung EN 16086-2:2011. Beuth Verlag GmbH, Berlin.