Geschichtliches

Die bodenunabhängige Kultur von Pflanzen ist keine Entwicklung der letzten Jahrzehnte. NAVILLE(1) beschreibt, wie Wandmalereien im Tempel von Deir el-Bahari, Ägypten, den Transport von Bäumen in Trögen von ihrem Ursprungsland nach Ägypten und deren anschließende Kultur in Trögen darstellen – vor etwa 4.000 Jahren. Ob es sich bei dem Substrat in den Trögen um entnommenen Boden oder anderes Material handelte, ist nicht bekannt. Bis ins letzte Jahrhundert gab es die unterschiedlichsten Vorgehensweisen bei der bodenunabhängigen Pflanzenkultur und ebenso viele individuelle Mischungen von organischen und anorganischen Materialien. Man verwendete die verschiedensten Bodenarten, die dem natürlichen Standort entnommen wurden, aber auch Lauberde, Nadelerde, Kompost, Sand, Stallmist und andere Komponenten. Später lernte man, Nährstoffe gezielt für das Pflanzenwachstum einzusetzen.
Als Ergebnis vieler Untersuchungen und Versuche an der John Innes Horticultural Institution in Großbritannien wurden 1939 die ersten standardisierten Kultursubstrate formuliert. Sie bestanden aus Lehm, Torf und Sand sowie den Zusätzen Dünger und Kalk. Noch heute werden diese John Innes Composts mit verschiedenen Formulierungen vermarktet. Weitere Standardprodukte in verschiedenen Ländern folgten.

Übersicht erster Standardsubstrate in verschiedenen LändernVergrößerte Darstellung von: Übersicht erster Standardsubstrate in verschiedenen Ländern
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Sowohl aufgrund der in vielen Ländern Europas forcierten Entwässerung von Mooren für die Landwirtschaft und zur Schaffung von Siedlungsraum als auch durch die im 20. Jahrhundert gewonnenen Erkenntnisse zu den Bedürfnissen von gärtnerischen Kulturpflanzen hat die Verwendung von Gartenbautorf seit Mitte des letzten Jahrhunderts zugenommen. Es gibt seit Jahrzehnten sowohl in Deutschland als auch in England, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und anderen Ländern anhaltende Diskussionen zum Thema Torf und den Einsatzmöglichkeiten von anderen Ausgangsstoffen. Jedes Ausgangsmaterial hat seine Berechtigung. Hierbei stehen nicht mehr nur die physikalischen und chemischen sowie zunehmend die biologischen Eigenschaften und wirtschaftliche Faktoren im Vordergrund, sondern auch Auswirkungen bei der Gewinnung und Verarbeitung von Substratrohstoffen und -ausgangsstoffen auf die Umwelt sowie soziale Aspekte. Diese gartenbaulichen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte müssen verantwortungsbewusste Substrathersteller bei der Substratproduktion und Erwerbsgärtner bei der Substratverwendung berücksichtigen.

Deutschland ist der größte Produzent von Kultursubstraten und Blumenerden weltweit. In Europa nehmen die Niederlande den zweiten und Italien den dritten Platz ein(5) . Europäische Hersteller von Kultursubstraten versorgen vornehmlich den europäischen Markt. Es ist aber seit Jahren zu beobachten, dass der außereuropäische Markt einen wachsenden Bedarf an Kultursubstraten hat, was mit der steigenden Produktion von Gemüse, Zierpflanzen und Baumschulprodukten besonders in Asien, Nordafrika, im Mittleren Osten sowie in Süd- und Mittelamerika verbunden ist. Auch in diesen Regionen hat der moderne Gartenbau längst Einzug gehalten. Damit verknüpft ist die Technisierung, Mechanisierung und Automatisierung von Kulturverfahren und somit auch der Bedarf an risikoarmen und leistungsfähigen Kultursubstraten, die den bodenunabhängigen Produktionsgartenbau nachhaltig stützen.

(1) Naville, E. H. (1913): The temple of Deir el-Bahari (Parts I-III), Vol. 16, London: Memoirs of the Egypt Exploration Fund. S. 12-17.
(2) BUNT, A. (1988): Media and mixes for container-grown plants. Unwyn Hyman, London.
(3) SCHMILEWSKI, G. (1996): Horticultural use of peat. In: Lappalainen, E. (Hrsg.): Global peat resources. S. 327-334. Saarijärven Offset Oy, Jyskä.
(4) WALLER, P. (2006): Peat usage in growing media – from John Innes to Peatering Out™. Proc. Int. Symp. ‚Peat in Horticulture – Peat in the stranglehold of interest groups‘; Amsterdam 30 Oct. 2006, S. 81-89.
(5) SCHMILEWSKI, G. (2015): Growing media constituents used in the EU in 2013. Manuskript eingereicht zur Veröffentlichung in Acta Horticulturae (ISHS).